Zusammen mit dem 30. Niederrheinischen Radwandertag zog die Veranstaltung viele Besucherinnen und Besucher an. Das Programm überzeugte, bis auf kleine organisatorische Mängel.
Nach der erfolgreichen Premiere des „Schirrhof-Festivals“ 2022 folgte am Wochenende die zweite Ausgabe. Diesmal gab es zumindest am zweiten Tag, dem Sonntag, mehr Andrang, weil zahlreiche Fahrradfahrende Station am Schirrhof machten. Anlass dafür war der 30. Niederrheinische Radwandertag unter dem Jubiläumsmotto „Zeitreise“.
Ansonsten bot das Festival-Programm am Samstag vor allem Musik mit dem Rheinpreussen-Orchester und Bands, die Akustik-Pop, sogenannten Kraut- und Rübenrock und Cover-Pop spielten, während der Sonntag insbesondere Rock-Pop, Tanz und Kabarett sowie Jazz mit indischen Einflüssen vorbehalten war. Veranstalter des zweitägigen Festivals war erneut der Verein Kulturprojekte Niederrhein in Zusammenarbeit mit der Stadt Kamp-Lintfort und der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition.
Der Schirrhof, ehemals überwiegend für die Unterbringung der Übertage-Pferde der Zeche Friedrich Heinrich und die Werksfeuerwehr genutzt, dient seit 2021 als Familien-, Bildungs- und Kulturzentrum. Beim Schirrhof-Festival sind die Künstlerateliers im linken Flügel des bebauten Areals, die Remise im rechten (für Bühne und Gastronomie) sowie der ehemalige Pferdestall in der Mitte (für Kabarett), als auch der freiflächige Außenbereich mit dem angrenzenden Förderturm (zur Besichtigung) einerseits und dem Lehrstollen (mit fachgerechter Führung) andererseits zugänglich. So haben die Veranstalter ein kompaktes, übersichtliches Veranstaltungsgelände geschaffen, das gut Platz für Kunst und Konzerte, Kreativwerkstätten und Erinnerungskultur sowie Kulinarisches und Kommunikation bietet.
Überhaupt schaffte das „Schirrhof-Festival“ eine wundervolle Symbiose zwischen Tradition und Moderne, Regionalität und Weltoffenheit, sagte Initiator Rüdiger Eichholz vom Verein Kulturprojekte. Darin liege großes Potential, aus dem man noch viel mehr machen könne, betonte er. Und Susanne Rous vom Kulturbüro der Stadt Kamp-Lintfort ergänzte: „Deshalb war das Schirrhof-Festival im vergangenen Jahr nicht einmalig, sondern erstmalig und zugleich Auftakt für mehr. Insofern findet nächstes Jahr in jedem Fall seine dritte Ausgabe statt!“
Den Startschuss für das „2. Schirrhof-Festival“ lieferte am Samstag das Rheinpreussen-Orchester unter der Leitung des Dirigenten Siegfried san Pietro mit einem groß und breit angelegten musikalischen Repertoire unterhaltsamer Blasmusik. Dessen Auftritt war allerdings über Gebühr lang und verzögerte den technischen Umbau der Bühne und den sich daran anschließenden Soundcheck aller drei Folgeformationen um mehr als eine Stunde. Statt um 18:00 Uhr trat die Moerser Singer-Songwriterin Theresia Cherchi erst weit nach 19:00 Uhr auf. Infolge der Zeitknappheit reduzierte sie ihren musikalischen Vortrag auf überwiegend eigene Songs – Ausnahme: „Cover Me in Sunshine“ von Pink – und verzichtete auf Zwischenmoderationen. Gerne hätte man aber über die Hintergründe ihrer Musik und ihrer Texte mehr erfahren.
Als Nachfolgeauftritt meldete sich dann um 20:00 Uhr die Kapelle Krebs aus Duisburg zu Wort. Die hier zu fünft (nicht wie sonst üblich zu sechst) auftretende Band spielte ihren typischen „Kraut- und Rübenrock“ Marke Eigenbau. Aus ihrem im April vorigen Jahres erschienenen Album „Nebenstraßen“ spielten sie gleich mehrere Songs, darunter den das Album namengebenden Titelsong „Nebenstraßen“, „Die nächste Kugel für dich“ und „Bielefeld“. Den Abschluss des ersten Festivaltages markierte die Gruppe „GoSista“ mit den drei Frontfrauen Silka, Simone und Tina im Zentrum, die sich auf das Covern von alten und neuen Soul, Funk und Disco Hits spezialisiert hat. Ihre Songs stammen aus den 1960er, 70er und 90er Jahren. Das riss das Publikum zum Mitmachen von den Stühlen und Bänken in Form von Tanzen vor der Bühne mit.
„Rausschmeißer“ war dann kurz vor 23:00 Uhr der Boney M. – Superhit von 1976 „Daddy Cool“.
Zwölf Stunden später ging es dann am Sonntag mit Führungen zu und in ehemaligen Bergwerksorten weiter. Inzwischen waren auch die ersten Radwanderer eingetroffen, die unter anderem auf den Auftritt der jungen Firmband „Alice“ aus Kamp-Lintfort warteten. Leider verzögerte sich auch diesmal wieder (wegen eines unnötig langen Soundchecks) der Beginn des Konzertes um diesmal fast eine Stunde. (Das sollte bei der dritten Ausgabe vom „Schirrhof-Festival“ 2024 unbedingt vermieden werden!) Zur Band „Alice“ gehören vier Jungs und ein Mädel, die sich alle von der Schule her kennen. Seit 2019 sind sie zusammen und machen Musik im Stile von Rock und Pop. Auf dem „Schirrhof-Festival“ präsentierten sie sowohl Eigenkompositionen als auch Cover-Songs, darunter „Freed from Desire“ von Gala.
Mittlerweile waren rund 130 Fahrradfahrende eingetroffen, von denen 50 aber wieder abgereist und weitergefahren waren. Als weiteres Bühnenprogramm waren noch Tanz eines „Kulturrucksack“-Projektes, Kabarett von und mit Stefan Verhasselt und Weltmusik von der Gruppe „NeckarGanga“ angekündigt.
Gänzlich ausfallen an beiden Tagen musste leider ein Schmiedeangebot für Kinder und Jugendliche durch den Verein Kulturcamp. Dagegen kam die Färberwerkstatt von und mit den Künstlerinnen Barbara Lübbehusen und Andrea Willicks am Samstag bei den Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen sieben und 14 Jahren prima an. Sarah, Simon, Lina und Lia fanden das farbige Malen mit Blumen und Lebensmitteln „einfach super toll“, wie sie es ausdrückten.
Zu guter Letzt noch ein Tipp zur Verbesserung für die „3. Schirrhof-Festival“-Ausgabe: Die äußerst verwirrende Preisgestaltung für den Eintritt sollte vom Veranstalter in 2024 vereinfacht werden.
Quelle:
Rheinische Post vom 03. Juli 2023 / Autor: Olaf Reifegerste
Fotos von Stefan Büschken und Dirk Thomas