Zehn Gartenoasen öffneten ihre Pforten
Rikscha-Touren, Kunst am Gartenzaun und grüne Oasen, die sonst im Verborgenen blühen – die Aktion „Kamp-Lintforter Gärten“, hatte 2024 viel zu bieten.
„Kamp-Lintforter Gärten 2024“, unter diesem Titel hatten am Wochenende bei strahlendem Frühsommerwetter insgesamt zehn Gartenbesitzer ihre kleinen, blühenden Paradiese für viele hundert begeisterte Besucher geöffnet.
Interessierte Gartenfreunde besuchten zum Beispiel den prachtvollen Bauerngarten von Käthe Pittgens an der Oststraße 77. „Wunderschön. Wirklich wunderschön“, sagte Peter Braun begeistert. Das Kompliment des gelernten Landschaftsgärtners galt der wahrhaft berauschenden Blütenpracht in Käthe Pittgens knapp 1.200 Quadratmeter großen Garten. Die ehemaligen langjährige Vorsitzende der Kamp-Lintforter Landfrauen pflanzt darin zwar auch ein paar Bohnen, Tomaten und Kohlrabis, der größte Teil aber steht voller Rosen, Lilien, Mohnblumen und anderer Blütenpflanzen. „Ich liebe Blumen und habe die Beete so angelegt, dass es darauf das ganze Jahr über blüht“, berichtete sie stolz. „Das macht natürlich viel Arbeit, aber auch viel Spaß.“ Käthe Pittgens ist 81 Jahre alt und bewirtschaftet ihren Garten ganz allein. „Noch geht es“, lächelt sie fröhlich. Nur das Umgraben der Gemüsebeete im Frühjahr mache ihr inzwischen ein wenig Mühe.
Ihr Garten war an diesem Samstag Ausgangspunkt für ein besonderes Rundreiseangebot des „Fördervereins Landesgartenschau Kamp-Lintfort 2020“ und des örtlichen Caritas Verbandes. Sie transportierten auf Wunsch ältere du gehbehinderte Besucher, wie die 82-jähriges Gisela Heinz mit Fahrrad-Rikschas zu den beteiligten Gärten.
Auch die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition war erneut dabei. Erhebliche Umbauarbeiten im Haus des Bergmanns, die länger als ein Jahr dauerten, führten zwangsläufig dazu, dass die neu gestalteten Ausstellungsräume erst am 05. Mai 2024 eingeweiht werden konnten. Parallel zu den Umbauarbeiten im Museum, wurde der Bergmannsgarten wieder nach historischen Vorbildern hergerichtet. Dieser Garten stellt einen Nutzgarten dar, wie er in den 1930er Jahren von den Bergarbeiterfamilien angelegt und bewirtschaftet wurde. Da die damals auf der Zeche gezahlten Schichtlöhne noch nicht so üppig waren, wurden die Familien als Selbstversorger bezeichnet, die ihre Lebensmittel in ihrem Garten selbst anbauten. Im Gegensatz zu den farbenfrohen Ziergärten, wurden bei uns Obst wie Stachelbeeren, Erdbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Äpfel und Pflaumen und Lebensmittel wie Kartoffeln, Zwiebeln, Schnittlauch, Spinat und Radieschen angebaut.
Die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition konnte ihren Besuchern am Samstag eine besondere Attraktion bieten: ein Musiker aus Argentinien untermalte die Gartenführungen mit Tangomelodien, die auf einem historischen „Bandoneon“ gespielt wurden. Auch unser Maskottchen „Kalli“ zeigte sich begeistert von den Klängen der außergewöhnlichen „Quetschkommode“.
Verursacht hatte diesen Besuch ein historisches Schwarz-Weiß-Foto, das unsere neue Ausstellung zum Thema „Neue Heimat“ im Raum 3 zeigt. Es zeigt die Familie Kreinz im Jahre 1913 in der Albertstraße, die Verwandtenbesuch aus ihrer Heimat Slowenien hat. Die Aufnahme zeigt ein Gruppenfoto der Familie in slowenischer Tracht, auf dem ein Mann mit einem „Bandoneon“ abgebildet ist.
Dieses Foto hatte die Wissenschaftlerin Dr. Janine Krüger angeregt, über dieses recht unbekannte Musik-Instrument eine Reportage mit dem WDR-4 zu arrangieren. Frau Dr. Krüger hat bereits mehrere Bücher über das „Bandoneon“ geschrieben.
Das Bandoneon ist untrennbar mit dem argentinischen Tango verbunden. Die Wurzeln des Instruments liegen allerdings in Deutschland und reichen über 150 Jahre zurück.
Die ersten Bandoneons baute, bereits 1849, der Instrumentenbauer Carl Zimmermann aus Carlsfeld im Erzgebirge. Eine Art tragbares Orgelinstrument, das Zimmermann 1851 unter dem Namen Carlsfelder „Concertina“ in London auf der Industrieausstellung mit großem Erfolg präsentiert. Seinen heutigen Namen verdankt das Bandoneon schließlich dem Musiklehrer Heinrich Band aus Krefeld – der, so jedenfalls geht eine Version der Geschichte, eine Bandoneon-Gruppe mit dem Namen „Band Union“ gründete. Der Vater von Heinrich Band war Seidenfabrikant in Krefeld. Produzieren ließ Heinrich Band sein „Bandoneon“ wiederum in Carlsfeld im Erzgebirge, in der Fabrik von Ernst Ludwig und seinem Sohn Alfred Arnold.
1920 soll es in Deutschland mehr Bandoneon-Vereinigungen gegeben haben als Fußball-Vereine, vor allem im Ruhrgebiet, in Sachsen, Hamburg aber auch in der Schweiz. Doch während des Nationalsozialismus und der Gleichschaltung des Vereinswesens ebbte der Boom ab. Nach dem Krieg waren die Produktionsstätten in der DDR vom Westen abgeschnitten, die Fabrik der Arnolds wurde verstaatlicht und stellte die Produktion ein. Im Westen setzte sich derweil die Firma Hohner aus Trossingen mit der Fabrikation von Akkordeons durch.
Am Haus des Bergmanns konnten wir mehr als 150 Besucher zählen. Nach einer Besichtigung unseres Nutzgartens wurden die meisten Gäste von Udo Böhnke, Harald Lenßen, Norbert Ballhaus und Dirk Thomas durch das Museumshaus geführt.
Unsere Besucher waren allesamt begeistert von der Innenausstattung des Museums. Nicht nur die Originaleinrichtung und Accessoires aus den 1930er Jahren, sondern auch der Informationsgehalt der neuen Ausstellung begeisterte unsere Besucher. Viele Gäste bedauerten, dass sie bei einer geführten Besichtigung zu wenig Zeit gehabt hätten, die Fülle der Informationen unserer Ausstellungen aufnehmen konnten. Sie versprachen wiederzukommen, um sich die Ausstellungen nochmals in aller Ruhe ansehen zu können.
Quelle:
Texte:
– Rheinische Post vom 23.06.2024 / Autorin: Jutta Langhoff
- Die Seele des Tangos kommt aus Deutschland / Autorin: Anni Herrberg vom 02.03.2009
- Wikipedia
Fotos von Dirk Thomas