Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner besichtigte den Lehrstollen und weitere Bergbau-Relikte des Vereins. Die Begegnung diente dem Austausch über den Erhalt und die Weitergabe der Bergbautradition an kommende Generationen. Wie die Museumschefin den Besuch erlebte.

Die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition – Linker Niederrhein hatte kürzlich einen ganz besonderen Gast bei sich: Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner, Direktorin des Deutschen Bergbaumuseums Bochum, besuchte den Vorsitzenden Norbert Ballhaus und seine Vereinskollegen in Kamp-Lintfort. Es war die erste offizielle Begegnung zwischen der studierten Archäologin und dem Kamp-Lintforter Bergmannsverein nach ihrer Übernahme der Museumsleitung im Jahr 2022.

Chefin des Bergbaumuseums lobt Lehrstollen

„Ich freue mich sehr, Sie jetzt auch mal persönlich kennenzulernen und Ihnen unseren Verein vorstellen zu dürfen“, begrüßte Ballhaus die Besucherin und ihre Pressesprecherin Sophia Sievers. Die beiden hatten bereits beim Betreten des Flures des Vereinsheims einen bewundernden Blick auf die dort zahlreichen, informativ bestückten Glasvitrinen geworfen. „Sie sind wirklich beeindruckend gut ausgestattet“, sagte Kleingärtner.

„Ich habe gehört, Sie haben hier auch einen sehenswerten Lehrstollen. Wie viele gibt es davon eigentlich hier am linken Niederrhein?“ – „Einige“, antwortete ihr daraufhin der Vorsitzende der Berg- und Knappenvereine Nordrhein-Westfalen“, Johannes Hartmann.

„Dieser hier ist entstanden, weil es im Bergbau jede Menge Auszubildende gab, die nach der Volksschule noch nicht alt genug waren, um unter Tage arbeiten zu dürfen. Dazu musste man mindestens 16 Jahre alt sein. Um sie dennoch möglichst bald mit den Bedingungen in einem Bergwerk vertraut zu machen, ließ man sie damals diesen Lehrstollen errichten“, sagte er.

Zukunft des Vereins muss gesichert werden

Der Lehrstollen sei jedoch nicht die einzige Attraktion, die man zu bieten habe, fuhr Ballhaus anschließend fort. Er zeigte den Besucherinnen eine Video-Präsentation von den anderen der vom Verein betreuten Bergbau-Relikte, wie dem Förderturm der ehemaligen Zeche „Friedrich Heinrich“ und dem „Haus des Bergmanns“ in der Kamp-Lintforter „Kolonie“. „Die Leute haben damals nicht nur zusammen gearbeitet, sondern auch zusammen gelebt“, ergänzte Hartmann die optischen Eindrücke: „Ein Beweis dafür sind die bis heute aktiven Knappenchöre, und wo sonst gab es so viele Taubenzüchter-Vereine wie hier bei uns?“

All das fand Kleingärtner sehr interessant, wollte aber auch wissen, wie der Verein seine Traditionen in Zukunft an die nächsten Generationen weitergeben möchte. „Indem wir immer wieder neue Informations- und Mitmachkonzepte für junge Leute entwickeln und dabei auf die Mitarbeit geeigneter Partner setzen“, beantwortete Ballhaus die Frage. Dabei verwies er auf bereits vorhandene Kooperationen mit der Schulinitiative „Grünes Klassenzimmer“, die während der Kamp-Lintforter Landesgartenschau entstand, und diverse von seinem Verein angebotene Besichtigungs- und Bastelaktionen.

Bergbau-Museen müssen sich ständig neu erfinden

„Das sind für den Traditionsverein sehr innovative Angebote“, fand Kleingärtner. „Ihr Konzept, unsere Bergbaugeschichte mit jungen Menschen zu teilen, gefällt mir sehr gut“, sagte sie. Wir selber gehören mit gut 175.000 Besuchern im letzten Jahr zwar zu den am häufigsten besuchten Museen Deutschlands, müssen uns aber auch immer wieder etwas Neues einfallen lassen, wie wir die Leute von draußen auf einen Untertage-Besuch bei uns neugierig machen können“, sagte Kleingärtner.

In diesem Zusammenhang habe man zum Beispiel in den vergangenen Monaten vor dem Eingang des Museums ein spezielles akustisches Kunstwerk mit sogenannten „Ewigkeitsgeräuschen“ wie Wasserrauschen und Pumpenrhyhmen aus dem Bereich Bergbau installiert.

Das Treffen endete schließlich mit dem Versprechen, auch weiterhin miteinander in Kontakt zu bleiben. Danach folgte noch ein Rundgang durch den Kamp-Lintforter Lehrstollen sowie eine Fahrt auf die 66-Meter-Bühne des Förderturms.

Verein ist der größte seiner Art am Niederrhein

Die „Fördergemeinschaft für Bergmannstradition – Linker Niederrhein“ wurde 1987 gegründet und ist mit derzeit 576 Mitgliedern der größte Verein seiner Art am Niederrhein. Er betreibt zurzeit neben seinem Vereinsheim an der Friedrich-Heinrich-Allee 77c, den dort benachbarten Lehrstollen und einem dazu gehörigen Infozentrum den Förderturm der ehemaligen Zeche „Friedrich Heinrich“ und das „Haus des Bergmanns“ an der Ebertstraße 88.

Infos über die regulären Eintrittspreise gibt es unter www.bergmannstradition.de.

Quelle:

Rheinische Post vom 11.10.2024 / Autorin: Jutta Langhoff

Fotos von Dirk Thomas